Fragen zu Osteopathie

Auf dieser Seite finden Sie allgemeine Informationen zum Thema Osteopathie.

Wieso Osteopathie?

Zum Beispiel kann bei einer Vielzahl von Patienten nach professioneller medizinischer Fachdiagnostik eine schwerwiegende z.B. operationswürdige Erkrankung ausgeschlossen werden. Der Patient “wandert” die verschiedenen Diagnoseschritte zu diesem, an sich erfreulichen Ergebnis ab und verbleibt, je nach medikamentösen und konservativen Therapieoptionen mit einem manchmal nur teilweise aufgelösten Beschwerdekomplex oder auch einer zunehmenden Einschränkung seiner Lebensqualität. Häufig bleibt der Wunsch nach der “richtigen” Diagnose, die Angst “dass da noch etwas sein könnte”, der Zweifel an den Fähigkeiten des Gesundheitssystem oder gar an der eigenen geistigen Integrität (“sie finden nichts… alles ist Einbildung”). Hierbei stellen sich häufig psychomental zehrende Zustände von Resignation bis hin zu Ohnmacht ein.

Die hier praktizierte Behandlungsform ist ein komplementärer Ansatz und vermag selbstverständlich keinerlei Heilsversprechen zu geben. Dies bedeutet insbesondere, nicht “Alternative” sondern begleitende Linderungs- und Heilungsoption durch die in Folge erläuterte Wirkung der Behandlung zu sein.

In der Länge der Behandlungseinheit liegt der Schlüssel einer eingehenden Beratung sowie einer intensiven Behandlung. Hierbei kann der Patient die oftmals eintretende Linderung seiner Beschwerden als gemeinsamen Erarbeitungsprozess mit dem Osteopathen erfahren. Durch diese Erfahrung wiederum kann es zu einer “somatopsychischen” Stabilisierung kommen, welche den o.g. zehrenden Mechanismen deutlich entgegenwirkt und dem Patienten in eine aktive, selbstwirksamere Verfassung verhilft.

Was ist Osteopathie?
  1. M. Wright, Perspectives in Osteopathic Medicine. Kirksville College of Osteopathic Medicine, Kirksville 1976:

“Die Osteopathie ist zugleich Philosophie, Wissenschaft und Kunst in einem. Ihre Philosophie beinhaltet das Konzept der Einheit von Struktur und Funktion des Organismus im gesunden wie im kranken Zustand. Als Wissenschaft umfasst sie Teilbereiche der Biologie, Chemie und Physik im Dienste der Gesundheit sowie der Prävention, der Heilung und der Linderung von Krankheiten. Ihre Kunst besteht in der Anwendung dieser Philosophie und Wissenschaft in der Praxis.”

Konsensgruppe Osteopathie Deutschland 2015:

“Die Osteopathie ist ein Heilberuf und eine angewandte Humanwissenschaft mit eigenständigem medizinischem Diagnose- und Behandlungsansatz zur Gesundheitsversorgung. Der Osteopath untersucht und behandelt den Patienten mit seinen Händen.

Hierbei beurteilt er das Gewebe des ganzen Körpers hinsichtlich seiner Beweglichkeit und Qualität. Zentrales therapeutisches Anliegen ist die Unterstützung der Selbstregulationsfähigkeit des Organismus. Funktionelle Einschränkungen werden – unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen Struktur und Funktion von Geweben – erkannt und manuell behandelt.

Dies geschieht mit dem Ziel, patientenorientiert die Gesundheit zu erhalten, zu verbessern oder wiederherzustellen.

Der Patient wird als aktiv handelnder Mensch wahrgenommen. Seine Gesamtsituation bzw. sein Gesundheitszustand wird unter Einbeziehung seiner individuellen Ressourcen umfassend beurteilt.

Dabei versteht der Osteopath Gesundheit als einen Prozess dynamischer Wechselwirkungen zwischen körperlichen, geistigen und seelischen Kräften eines Menschen in seinem biografischen und soziokulturellen Umfeld.

Das Gesundheitsmodell der Osteopathie folgt im Wesentlichen der Gesundheitsdefinition der WHO von 1948 sowie der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung von 1986. […]”

Wie wirkt Osteopathie?

Unser Organismus besteht aus unzähligen Strukturen, Organen, dem Nervensystem und Flüssigkeiten die alle miteinander direkt oder indirekt zusammen hängen.

Den Zusammenhang stellen die Faszien her, dünne Bindegewebshüllen, die jede Struktur umgeben und gemeinsam eine große Körperfaszie bilden, welche neben den Knochen unserem Körper seine äußere Erscheinung gibt.

Der Osteopath behandelt alle diese Strukturen mit seinen Händen. Hierbei sucht er Spannungen auszugleichen sowie die Beweglichkeit und Durchblutung nachhaltig zu verbessern. Er verfolgt das Ziel Balance im Gewebe herzustellen und so die Kompensationsfähigkeit und Funktion des Organismus zu verbessern.

Historische Entwicklung

Konsensgruppe Osteopathie Deutschland 2015:

Die wörtliche Bedeutung des Begriffs „Osteopathie“ erfasst mitnichten die Komplexität des medizinischen Ansatzes. Dies ist historisch begründet. Die Osteopathie wurde ursprünglich von dem amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still (1828 – 1917) entwickelt, dessen Forschung und Erfahrung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Basis für die heute als Osteopathie bekannte Form der Medizin schufen. Der breiten Öffentlichkeit wurde sie 1874 erstmals vorgestellt.

1892 erfolgte die Gründung der „American School of Osteopathy“ (ASO), der ersten Ausbildungsstätte dieser Art. Sie trug den Begriff „Osteopathie“ bereits im Namen.

John Martin Littlejohn (1866 – 1947), ein Schüler Stills, war maßgeblich an der Gründung der „British School of Osteopathy“ (BSO) in London im Jahre 1917 beteiligt und trug entscheidend zur Verbreitung der Osteopathie in Europa bei.

Dr. William Garner Sutherland (1873 – 1954), ebenfalls ein Schüler Stills, bezog schließlich auch den Schädel in die Theorie und Praxis der Osteopathie mit ein. Weltweit praktizieren annähernd 90.000 osteopathische Ärzte und ca. 43.000 Osteopathen, die meisten davon in Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien, Australien, Belgien und Kanada.

Osteopathie in Deutschland ist relativ jung: Während sie in den 1950er Jahren nur vereinzelt praktiziert wurde, begann Ende der 1980er Jahre eine verstärkte Verbreitung.”

Osteopathie in Deutschland und der Welt

Konsensgruppe Osteopathie Deutschland 2015:

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nach mehrjähriger Arbeitsphase die sogenannten Benchmarks zur Osteopathie veröffentlicht. Darin werden fundamentale Prinzipien, die Ausbildung und die Anwendungssicherheit festgelegt.

Die WHO definiert die Osteopathie als eigenständige Form der Medizin, die sowohl Diagnose als auch Behandlung umfasst und sich von anderen Gesundheitsberufen deutlich abgrenzen lässt. Sie unterstreicht darüber hinaus die Existenz des nicht-ärztlichen Osteopathen, der neben dem osteopathischen Arzt ebenfalls im Direktkontakt mit dem Patienten arbeitet.

Die Osteopathic International Alliance (OIA), die weltweit größte multinationale Vereinigung ärztlicher und nicht-ärztlicher Osteopathen, zählt mehr als 100.000 Mitglieder in 27 Ländern. Sie führte im Jahre 2012 in enger Zusammenarbeit mit der WHO eine internationale Umfrage zur Anwendung und Verbreitung der Osteopathie durch. Teilgenommen haben insgesamt 1821 Ärzte und Osteopathen mit 18210 Patienten.

Die Ergebnisse belegen die Existenz eines eigenständigen Berufsbildes des Osteopathen neben dem osteopathischen Arzt.

Weltweit gibt es aktuell in 16 Ländern Gesetze zur Regulierung der Osteopathie. Herauszuheben sind Australien und Neuseeland. Dort hat der nicht-ärztliche Osteopath den Status eines staatlich regulierten Gesundheitsberufs mit Primärzugang zum Patienten. Auch in Brasilien ist der Osteopath seit 2013 als Gesundheitsberuf anerkannt.

Auf europäischer Ebene setzen sich für einheitliche Standards in Ausbildung und Beruf sowohl die European Federation of Osteopaths (EFO)11  als auch das Forum for Osteopathic Regulation in Europe (FORE)12 ein.

[…]

Die Osteopathie darf in Deutschland als Heilkunde somit nur von Ärzten oder Heilpraktikern uneingeschränkt ausgeübt werden.